Fraunhofer ITMP an zwei neuen europäischen Konsortien zur Erforschung von seltener Erkrankung bei Kindern beteiligt
Das European Joint Programme on Rare Diseases (EJP-RD), das innerhalb des europäischen Forschungsrahmenprogramms Horizon 2020 ins Leben gerufen wurde, bringt über 130 Institutionen aus 35 Ländern zusammen. Es hat sich auf die präklinische Forschung zur Entwicklung wirksamer Therapien für seltene Krankheiten konzentriert und fördert nun zwei neue europäische Konsortien mit Beteiligung des Fraunhofer ITMP namens CureMILS und TreatKCNQ mit insgesamt über 3,6 Millionen Euro. Ziel der Forschungsprojekte ist es, Therapien gegen zwei seltene Krankheiten bei Kindern zu entwickeln.
Seltene Krankheit Projekt 1: CureMILS. Mitochondriale DNA-assoziiertes MILS ist eine seltene genetische neurologische Erkrankung von Kindern, die durch eine Störung der Mitochondrien, den essentiellen Energieerzeugungszentren lebender Zellen, verursacht wird. Derzeit gibt es keine Heilung oder wirksame Behandlung für diese schwere Krankheit, die zu einer Degeneration des Gehirns und einer Lebenserwartung der betroffenen Kinder von nur wenigen Jahren führt. Einer der Aspekte, der die Suche nach neuen Therapien stark behindert, ist der Mangel an effektiven Testmodellen für MILS, mit deren Hilfe neue Medikamente identifiziert werden könnten, die die normale Funktion der Mitochondrien wiederherstellen. Um solche Modelle zu entwickeln, wird CureMILS die zelluläre Reprogrammierungstechnologie nutzen, um neuronale Zellen aus den eigenen Hautzellen der Patienten zu generieren. Diese mit Hilfe der neuronalen Zellen identifizierten Medikamente werden dann mit noch genaueren Krankheitsmodellen, einschließlich dreidimensionaler Hirnorganoide (Mini-Gehirne), die die Krankheitsmutationen tragen, weiter evaluiert werden.
Das CureMILS-Konsortium wird von Prof. Dr. Alessandro Prigione am Universitätsklinikum Düsseldorf koordiniert. Ein wichtiger Partner ist Dr. Ole Pless am Fraunhofer-Institut für Translationale Medizin und Pharmakologie ITMP in Hamburg. Das Konsortium umfasst sechs weitere europäische Partner: Universität Innsbruck (Österreich), Radboud-Universität Nijmegen (Niederlande), Universität Helsinki (Finnland), Institut für Genetik und Tierbiotechnologie, Jastrzebiec (Polen), Universität Verona (Italien) und Universität Luxemburg (Luxemburg). Das Konsortialprojekt wird in Zusammenarbeit mit der Patientenorganisation International Mito Patients (IMP) durchgeführt, einem Netzwerk nationaler Organisationen zu mitochondrialen Erkrankungen. Weitere Teilnehmer sind Mitarbeiter aus Deutschland, den Niederlanden und Italien, die Oroboros Instruments GmbH und das Deutsche Netzwerk für mitochondriale Erkrankungen (mitoNET).
Seltene Krankheit Projekt 2: TreatKCNQ. Die sogenannten KCNQ-assoziierten Enzephalopathien (KCNQ-E) sind eine Gruppe von schweren Epilepsien mit Beginn in den ersten Lebensmonaten, die durch behandlungsresistente Anfälle und Entwicklungsverzögerungen gekennzeichnet sind. Sie werden durch Mutationen in Ionenkanälen verursacht, die eine entscheidende Rolle bei der Regulierung der Neuronenfunktion im Gehirn spielen. Sowohl eine erhöhte als auch eine reduzierte Kanalaktivität kann zur Entwicklung von KCNQ-E führen. Anfälle bei Kindern mit KCNQ-E sprechen oft schlecht auf antiepileptische Medikamente an, und, was noch wichtiger ist, es gibt keine Therapien für die Entwicklungsstörungen. Mit dem Ziel, verbesserte Therapien für KCNQ-E zu entwickeln, wurde das TreatKCNQ-Konsortium von Forschern mit Expertise in KCNQ-bezogener Pathologie und Medikamentenentwicklung gegründet. Ein Ziel ist die Entwicklung und Erprobung von sichereren und wirksameren Analoga von Retigabin, einem Medikament, das auf KCNQ-Kanäle abzielt, aber vor kurzem aufgrund von Nebenwirkungen vom Markt genommen wurde. Das Konsortium erwartet, präklinische Beweise für mehrere Arten von gezielten Behandlungen zu liefern, die das Potenzial haben, den Entwicklungsverlauf von KCNQ-E zu verbessern.
Koordiniert wird das TreatKCNQ-Konsortium von Prof. Dr. Sarah Weckhuysen an der Universität Antwerpen. Zentrale deutsche Partner werden Dr. Philip Gribbon am Fraunhofer-Institut für Translationale Medizin und Pharmakologie ITMP in Hamburg und Dr. Thomas Wuttke am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung in Tübingen sein. Dem Konsortium gehören außerdem weitere Partner aus Frankreich (Universität Aix-Marseille) und Italien (Universität Neapel Federico II) an. Das Konsortialprojekt wird in Zusammenarbeit mit der italienischen Patientenorganisation Dravet Italia Onlus durchgeführt werden.